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Immobilienbewertung

Wann ist eine unabhängige und sachgerechte Immobilienbewertung wichtig? Dann wenn es um viel Geld geht, was meist immer der Fall ist wenn es um Immobilien geht. Das gibt Ihnen nicht nur Sicherheit, sondern ist eine solide Grundlage für Gespräche mit Eigentümern, Interessenten, Banken oder Maklern.

Die Immobilienbewertung – weit mehr als nur eine Zahl.

Die aktuelle, tatsächliche Bewertung einer Immobilie gibt am besten ein Verkehrswert-Gutachten wieder. Es ist eine umfangreiche Ausarbeitung, die eine Vielzahl an Faktoren berücksichtigt, um am Ende einen objektiven Marktwert (gleichbedeutend mit dem Begriff ‚Verkehrswert‘) einer Immobilie darzustellen. Grundlagen eines Verkehrswert-Gutachtens sind der § 194 BauGB sowie die offiziellen Wertermittlungsrichtlinien.

Ein Verkehrswert-Gutachten zu erstellen beruht nicht auf einfacher Mathematik, sondern verlangt die Beurteilung zahlreicher Einflussfaktoren mit Sachverstand. Grundlage für diesen Sachverstand sind große Erfahrung im Immobiliensektor und ein breites, zum Teil sehr spezifisches Fachwissen, das unter anderem Kenntnisse über Bauverordnungen, bauphysikalische, steuerrechtliche sowie betriebswirtschaftliche Zusammenhänge erfordert.

Für welche Geschäftsvorgänge bzw. Anlässe kann die Immobilienbewertung erforderlich bzw. sinnvoll sein?

  • Kauf oder Verkauf von Grundstücken bzw. Immobilien
  • Beleihung (Darlehen) als Sicherheit bei Fremdfinanzierung
  • Steuerliche Themen (z.B. Wirksamkeit bei Erbschaftssteuer, Einlage-/Entnahmewerte, Betriebsaufgabe, Aufteilung der Verkehrswerte in Gebäude- und Grundstücksanteil)
  • Erb- und familienrechtliche Auseinandersetzungen
  • Gerichtliche und außergerichtliche Vermögensauseinandersetzungen

Welche Einflussfaktoren berücksichtigt der Verkehrswert bei der Immobilienbewertung?

  • Alle tatsächlichen und rechtlichen Eigenschaften eines Grundstücks bzw. einer Immobilie, die für jedermann innerhalb eines bestimmten Immobilien-Teilmarktes wertbeeinflussend sind.
  • Die Bedingungen des allgemein anerkannten Geschäftsverkehrs eines freien Marktes ohne Berücksichtigung ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse. Darunter ist auch zu verstehen, dass Käufer und Verkäufer frei von Zeitdruck, Zwang und Not agieren und somit ausschließlich objektive Kriterien den Preis bestimmen.
  • Die allgemeinen Wertverhältnisse, die zu dem Zeitpunkt bestehen, auf den sich die Wertbestimmung bezieht. Die Gültigkeit eines ermittelten Verkehrswertes bezieht sich daher immer auf einen Stichtag.

Wie ist der Ablauf der Immobilienbewertung?

Zunächst wird in einem Vorgespräch der Anlass der Bewertung besprochen. Dies ist entscheidend für die Bestimmung des Wertermittlungstichtages. Dieser kann z.B. bei einer Bewertung aufgrund einer Ehescheidung viele Jahre zurückliegen. Weiterhin ist die Zusammenstellung der notwendigen Unterlagen wichtig, wobei diese bei entsprechender Vollmacht auch vom Sachverständigen beschafft werden. Die weiteren Ablaufschritte zeigt die folgende Grafik:

Immobilienbewertung: Ablaufschritte bei der Gutachtenerstellung

Immobilienbewertung: Ablaufschritte bei der Gutachtenerstellung

Welche Unterlagen werden benötigt für die Immobilienbewertung?

Eine schnelle und korrekte Bewertung der Immobilie ist nicht zuletzt im Sinne des Auftraggebers. Daher sollten alle vorhandenen Unterlagen und bekannten Informationen spätestens am Tag der Begehung durch den Gutachter übergeben werden. Im Detail werden folgende Unterlagen benötigt:

  • Die genaue Grundstücksgröße
  • Ein Auszug aus der Flurkarte (Lageplan mit Flurstücksbezeichnung)
  • Die Wohnfläche je Wohneinheit (bei einem Mehrfamilienhaus)
  • Alle aktuellen Mietverträge bzw. die Aufstellung der tatsächlichen Nettokaltmieten mit Vertragslaufzeit (Entfällt bei Eigennutzung)
  • Ein aktueller Grundbuchauszug (Abteilung I und II)
  • Die Heizkostenabrechnung der letzten 3 Jahre (falls ein Energieausweis erstellt werden muss)
  • Miteigentumsanteil gemäß Teilungserklärung (bei Eigentumswohnungen)

Wer kann eine Immobilienbewertung qualifiziert erstellen?

In der Regel wird die Grundstücks- bzw. Immobilienbewertung durch qualifizierte Sachverständige für Immobilienbewertung durchgeführt. Im Sprachgebrauch wird der Begriff „Sachverständiger“ synonym benutzt mit dem Begriff „Gutachter“, wobei letzteres in Deutschland kein geschützter Begriff ist. Man unterscheidet im Rechtsverkehr folgende geläufige Formen:

  • der bei der IHK öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige
  • der freie Sachverständige (oft einem Verband angeschlossen)
  • der zertifizierte Sachverständige.

Ein Sachverständiger für Immobilienbewertung sollte folgende Punkte erfüllen:

  • über mehrjährige Berufserfahrung verfügt,
  • über überdurchschnittliche Immobilien-Fachkenntnisse verfügt,
  • Gutachten erstellen kann,
  • in wirtschaftlich geordneten Verhältnissen lebt,
  • die Gewähr für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit bietet.

Sachverständige haben in der Regel eine wissenschaftliche Universitäts- oder Fachhochschulausbildung in Architektur, Bauingenieurwesen, Facility Management, Vermessungsingenieurwesen, Betriebswirtschaftslehre, Bauökonomie, Immobilienökonomie, Stadtplanung oder Geographie und eine mehrjährige Berufserfahrung beziehungsweise Weiterqualifizierung auf dem Gebiet der Grundstücksbewertung. Auch ein Gutachterausschuss erstattet Verkehrswertgutachten Nach § 193 BauGB.

Für Immobilienfachleute wie z.B. Makler gibt es spezielle Qualifizierungswege über Bildungsakademien wie die Sprengnetter Akademie.

Welches Bewertungsverfahren zur Immobilienbewertung macht Sinn?

In Deutschland gibt es allgemein übliche und normierte Bewertungsverfahren, die über das Baugesetzbuch (BauGB) in der Wertermittlungsverordnung (WertV) und in den Wertermittlungsrichtlinien (WertR) näher konkretisiert sind. Es wird dabei hauptsächlich unterschieden zwischen folgenden drei Verfahren:

  • Das Vergleichswertverfahren

Bei dieser Form der Immobilienbewertung werden eine ausreichend große Anzahl an Kaufpreisen von vergleichbaren Grundstücken herangezogen. Aufgrund dieser Tatsache ist das Vergleichswertverfahren vor allem für die Immobilienbewertung von unbebauten Grundstücken und Eigentumswohnungen geeignet. Mehr Informationen finden Sie hier.

  • Das Sachwertverfahren

Beim Sachwertverfahren wird der Wert des Gebäudes und der Außenanlagen nach den sogenannten Normalherstellungskosten und getrennt vom Bodenwert ermittelt. Der Bodenwert wird nach dem Vergleichswertverfahren bestimmt. Anwendung findet das Sachwertverfahren zur Immobilienbewertung vor allem bei eigengenutzten Immobilien (z.B. Einfamilienhäuser). Anschließend findet eine zusätzliche Marktbereinigung statt, um ein regionalmarkt-konformes Ergebnis zu erhalten. Mehr Informationen finden Sie hier.

  • Das Ertragswertverfahren

Wie der Name schon sagt wird dieses Verfahren der Immobilienbewertung vor allem dann angewendet, wenn die Ertragserzielung bei der Immobilie im Vordergrund steht. Hierbei wird der Wert des Gebäudes getrennt vom Bodenwert betrachtet. Der Bodenwert wird nach dem Vergleichswertverfahren ermittelt. Anwendung findet das Ertragswertverfahren daher vor allem bei Wohnobjekten ab drei Wohneinheiten, Gewerbeobjekten oder Betreiberimmobilien wie Krankenhäuser, Hotels oder Freizeitimmobilien. Mehr Informationen finden Sie hier.

Vergleichswertmethode
SachwertmethodeErtragswert-
methode
AnwendungsbereichStandardisierte Immobilien Beispiele: Einfache Büroimmobilien, Standard- Einfamilienhäuser Eigengenutzte Immobilien Beispiele: Einfamilienhäuser, eigene VerwaltungsgebäudeFremdgenutzte Immobilien als Renditeobjekte/ Kapitalanlage Beispiel: Büro-immobilien, Mehrfamilienhäuser
Vorgehensweise1. Marktpreisermittlung von vergleichbaren Immobilien (Lage, Ausstattung, Alter, Zustand, etc.)1. Ermittlung Herstellungspreise baulicher Anlagen, Außenanlagen
und sonstiger Einrichtungen
1. Reinertragsermittlung durch Jahresmieteinnahmen abzüglich Bewirtschaftungskosten
2. Ermittlung des Einheitswertes2. Wertanpassung aufgrund Baualter, möglicher Bauschäden/-mängel oder sonstiger wert-beeinflussender Umstände2. Abzug des Verzinsungsbetrages aus Grund/Boden
3. Anpassung des Einheitswertes zum Beispiel wegen schlechten
Zustandes
3. Sachwert ergibt sich aus angepasstem Gesamt-herstellungswert zzgl.
Bodenwert
3. Ermittlung Ertragswert baulicher Anlagen durch Vervielfältiger („Faktor“)
4. Ermittlung des Vergleichswertes inkl. Addition des Bodenwertes4. Anpassung aufgrund besonderer Umstände
5. Ertragswert ergibt sich nach Addition des Bodenwertes
Immobiliewert, der aktuell am markt erzielt werden kannWert der physischen Immobilie in jetzigem Alter und ZustandBarwert aller zukünftigen Erträge aus der Immobilie

Die Geschichte der Immobilienbewertung und deren Verfahren

Wie oben bereits erwähnt haben sich im Laufe der Entwicklung in Deutschland vorrangig drei Bewertungsverfahren herausgebildet: das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren.

Das Ertragswertverfahren als das älteste Verfahren stellt auf den wirtschaftlichen Erfolg des Objekts ab. Das Sachwertverfahren hingegen basiert auf dem Beschaffungsaufwand und ermittelt die Wiederherstellungs- bzw. Wiederbeschaffungskosten.

In Preußen im Jahre 1722 wurden mit der Hypotheken- und Konkursordnung erste genaue „Taxgrundsätze“ festgeschrieben. Diese in der Landwirtschaft für Beleihungszwecke dienenden Grundsätze erlangten später im Deutschen Reich, aber auch in der BRD große Bedeutung. Über die Jahre wurde festgestellt, dass diese landwirtschaftlichen Taxationsverfahren nicht zum Marktwert führen und wurden daher immer mehr kritisiert.

Daraufhin entwickelte Albrecht Thaer ein einfaches Bewertungsverfahren und die erste Bodenklassifizierung („Thaersche Bodenbonitätsgrundlagen“). Hierbei bezog er den Ertrag auf die Flächeneinheit und berücksichtigte dabei auch die ortgebundenen Verkehrsstrukturen, da die landwirtschaftlichen Produkte an verschiedenen Orten auch verschiedene Preise hatten. Daraus entwickelte Theodor Freiherr von der Goltz entwickelte daraus die „landwirtschaftliche Taxationslehre“. Sein Buch bezeichnete man als klassisches landwirtschaftliches Ertragswertlehrbuch.

Die städtebauliche Wertermittlung hat ihren Ursprung im rasanten Städtewachstum des 19. Jahrhunderts, vor allem während der Gründerzeit, in der viele Hypothekenbanken gegründet wurden. Damals wurden Beleihungen auf Basis der 1863 erlassenen Normativbestimmungen durch. Diese sahen bei der Beleihung eins Pfandobjekts von 50% des Taxwerts und ab 1867 von 67% des Taxwerts vor. Der Taxwert bestimmte man über den amtlich ermittelten Grundsteuerreinertrag und dem Gebäudesteuernutzungswert.

Am 13. Juli 1899 ersetzte das Reichs-Hypothekenbank-Gesetz die Ertragstaxe durch eine Werttaxe und legte eine Beleihungsgrenze von 60% fest. Gleichzeitig wurde jedoch das Verfahren zur Aufstellung der Werttaxe so gelockert worden, dass jedes Institut sein eigenes Verfahren vorgeben konnte. Dieser Zustand besteht quasi bis heute (siehe Beleihungswertermittlung).

Ab ca. 1900 wurde der Wettbewerb auf dem Hypothekenmarkt durch Versicherungsgesellschaften größer, die teilweise überhöhte Taxen erstellten. Das Sachwertverfahren gewann damals an Bedeutung, da das Ertragswertverfahren als besonders anfällig gesehen wurde.

Ab 1911 wurde für das Beleihungswertverfahren meist die „Berliner Methode“ angewandt, bei dem der Beleihungswert je aus der Hälfte des Ertrags- und des Sachwerts gebildet wurde. Der Sachwert entsprach dabei aus der Summe aus dem Bauwert des Gebäudes einschließlich Zubehör und dem Bodenwert. Der Ertragswert wurde durch 5%ige Kapitalisierung der Nettoerträge oder der Grundsteuerreinerträge ermittelt – ohne Abspaltung des Bodenwerts. Dies bedeutete letztendlich, dass der Reinertrag als Jahresertrag einer ewigen Rente angesehen wurde. Somit erhielt man bei Gebäuden mit gleichen Reinerträgen aber unterschiedlicher Restnutzungsdauer trotzdem gleiche Werte.

In den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts war Runge der erste, der den Reinertrag in einen Boden- und einen Gebäudeanteil aufteilte und über unterschiedlich lange Zeiträume kapitalisierte.

Erst mit der WertV 88 wurde der sogenannte Liegenschaftszinssatz eingeführt, womit das Ertragswertverfahren ein hochwirksames Vergleichswertverfahren zur direkten Ableitung des Marktwerts wurde. Sprengnetter schuf in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts die methodischen Grundlagen für die direkte Marktwertermittlung durch Ertrags- und Sachwertverfahren – durch die Ableitung eines kompletten Systems zu den Einflüssen sowie der Ableitung des Ertragswert-Liegenschaftszinssatzes, aber insbesondere des Sachwert-Marktanpassungsfaktors.

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Alexander Seidl
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